Garten

Urbane Agrikultur

Neulich war ich bei Freunden, die ich lange nicht gesehen hatte. Es stellte sich heraus, dass sie ihr Gemüse inzwischen fast ganz aus eigenem Anbau beziehen. Die Unzufriedenheit mit dem Angebot an Lebensmitteln, was Vielfalt, Qualität und Preis angeht, und mit den Bedingungen der Produktion hat weltweit Initiativen ausgelöst, bei denen Stadtbewohner – aber auch Landbewohner, soweit es solche im eigentlichen Sinn noch gibt – zumeist als landwirtschaftliche Dilettanten versuchen durch teilweise Selbstversorgung Alternativen zu schaffen. Das Bestreben, auf kleiner und kleinster Fläche – wie etwa einem Balkon – eine möglichst große Vielfalt zu erreichen, führt zu großem Einfallsreichtum bei den Anbaumethoden. Kartoffeln etwa können in einer durchlöcherten Tonne gedeihen. Ziergärten, bei denen Blumenbeete und Gehölzreihen eine rechteckige Rasenfläche umsäumen, verwandeln sich in dicht bewachsene bunte Laboratorien gärtnerischer Experimentierlust, in denen fast alles essbar ist. Eine Anordnung in kleinen runden Zonen statt in langen Beetreihen ermöglicht eine größere Vielfalt an Pflanzen. In Gebieten, in denen die Verteuerung der Lebensmittel eine existentielle Bedrohung darstellt, in Gebieten, in denen keine frischen Lebensmittel mehr angeboten werden, aber auch in reichen Ländern wie Deutschland, wo der Marktanteil an biologisch angebautem Obst und Gemüse vergleichsweise groß ist, erlebt der Selbstanbau eine Renaissance.

25. Februar 2012 von Kai Yves Linden
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