Dies und das
Lärm und Rauschen
Letztens in der Straßenbahn, als mir das im Untergrundtunnel verstärkte Rattern, Quietschen und Schleifen der Schienen es ganz unmöglich machte, dem Podcast in meinen Ohrsteckern zu folgen, musste ich über die Allgegenwart von Lärm nachdenken. Über alle Geräusche erheben sich die von einem Gongschlag eingeleiteten zweisprachigen Haltestellenansagen – Düsseldorf ist eine internationale Stadt – mit erschöpfender Aufzählung aller Anschlüsse. So begann ich die jugendlichen Fahrgäste zu verstehen, die ihre Lieblingsbeschallung so hart in ihre Ohren peitschen, dass sie als uhrwerkhaftes Zischeln im ganzen Tramwagon versprüht wird. Ja, wir leben in einem Zeitalter des Lärms, unter anderem, wie Huxley in einem aphoristischen Essay über Stille[1] bemerkte. Das englische Wort noise bedeutet allerdings auch Rauschen, und es ist vor allem dieses, als Gegenteil von Stille, das Huxley meinte. Lärm ist das Geräusch der anderen, wie es ein vielzitiertes Bonmot von Tucholsky[2] definiert, in der Straßenbahn also – um den Bogen zu Huxley zu ziehen – das unerwünschte Geräusch, das das erwünschte, durch Kopfhörer vor der Außenwelt verborgene Geräusch aus dem tragbaren Abspielgerät übertönt.
Der moderne Mensch erträgt anscheinend die Stille nicht – sein manischer Lebensstil sucht Bewegung und Unterhaltung und vermeidet den geringsten Anschein von Stillstand und Leere. Die für die Mobilität aufzuwendende Zeit empfinden wir als leer und versuchen sie mit Unterhaltung zu füllen, ein Buch lesend oder Musik oder gesprochene Texte hörend. Die multiplizierte Mobilität ist es jedoch auch, die den meisten Lärm verursacht. Da Geräuschdämpfung anscheinend kein Kriterium bei Herstellung und Ankauf von Straßenbahnfahrzeugen ist, leiden die Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr selbst – im Gegensatz zu Autofahrern, zumindest denen, die in Limousinen sitzen – unter dem Lärm, den die von ihnen benutzten Fahrzeuge erzeugen.