Musik
Das wohltemperirte Clavier, Fuga 14
Seitdem mir die kurzen Notenwerte aufgefallen sind, die in manchen Stücken der beiden Bände des Wohltemperierten Klaviers von Johann Sebastian Bach in Ausnahmestellung erscheinen, lassen mich diese nicht mehr los. In der fis-Moll-Fuge des ersten Bandes sind es zwei Sechzehntel, die die sonst fast durchgehende Achtelbewegung einmalig im 29. von insgesamt 40 Takten beschleunigen. Es ist wahrscheinlich, dass Aufbau und Verlauf der Fuge einen Hinweis darauf geben können, was die ausnahmsweise Notenwertverkleinerung motivieren könnte. Weiterlesen →
Film
Das muss der Himmel sein
Gestern schaltete ich abends den Fernseher an und wurde sofort von einem Film gefesselt, der schon angefangen hatte: It Must Be Heaven, eine Komödie des palästinensischen Filmemachers Elia Suleiman.[1] Sein Autor und Hauptprotagonist als stiller Beobachter E.S. erinnerte mich an die Figuren Marcovaldo und Palomar in den gleichfalls episodischen Erzählbänden von Italino Calvino ‒ so dass ich mir kaum vorstellen kann, Suleiman habe Calvino nicht gelesen. Die scheinbar naive Kontemplativität evoziert ebenso Jacques Tati in Mon oncle und die unbeugsame Schweigsamkeit, die E.S. auszeichnet, Buster Keaton, der in seinen Stummfilmkomödien ganz ohne Worte (Zwischentitel) auskam. Weiterlesen →
Dies und das
Die Gender-Apnoe
Die Gender-Pause verbreitet sich zunehmend, jedenfalls überall, wo auf Geschlechtergerechtigkeit Wert gelegt wird. Die Intention ist nicht, das glaube ich, die Sprache zu deformieren. Vor allem die auf der rechten Seite des politischen Spektrums und insbesondere die ganz rechts ärgert die Beliebtheit der Lösung, die vor allem bei denen zunimmt, die eine aufgeklärte, „aufgewachte“ oder nur tolerante Position vertreten, und das wäre durchaus ein Grund für mich sich zu freuen. Nur leider verursacht die Lösung auch bei mir eine Art Schmerzempfindung. Diese ergibt sich aus der empathischen Mimesis, in der ich die Pause als Aussetzer empfinde, der eine Artikulationshemmung oder ein Atemaussetzer sein könnte, eine Apnoe. Vielleicht ist das bei mir besonders ausgeprägt. Vielleicht höre ich etwas genauer, vielleicht etwas anders. Die damit verbundene Schmerzempfindung scheinen nicht alle zu teilen. Weiterlesen →
Dies und das
Auf ein gutes Jahr 2022!
Und wieder hat ein neues Jahr begonnen. Die Silvesternacht war heiter, ungeachtet der weiterhin allgegenwärtigen Pandemie, und diesmal habe ich etwas länger gebraucht, um mich vom Feiern zu erholen. Deshalb habe ich darauf verzichtet, aus dem Basteln von elektronisch geschnipselten Ständchen – zur Huldigung des zeitlichen Niemandslandes zwischen den Jahren – eine private Tradition zu machen, und mich daran erinnert, dass ich das Jahr schon in Medianten, Sekundversetzungen und Teiltonstapelungen präludierend (harmonisch wild, dynamisch sanft) am Klavier begrüßt hatte. Zum Glück hat das niemand aufgenommen und so muss ich mein ebenso kleines – wie zu vermuten ist – als auch geehrtes Blog-Publikum leer ausgehen lassen. Weiterlesen →
Literatur
Das Leben lügt nicht
An manchen Tagen höre und lese ich so viele schlechte Nachrichten aus der Welt, von Menschen, die unter Ungerechtigkeit und Willkür leiden müssen, dass am Ende fast nur noch Zweifel übrig bleibt. Unter denen, die verfolgt, gequält und eingesperrt werden, auch heute, auch in Europa, sind Dichter und Dichterinnen. Stellvertretend für so viele von ihnen zitiere ich hier die Zeilen eines Gedichtes von İlhan Sami Çomak, einem kurdisch-türkischen Dichter, in meiner eigenen Nachübersetzung einer Übersetzung von Caroline Stockford ins Englische.[1] Gedichte sind ein Mittel, uns zweifeln zu lassen, aber nicht verzweifeln. Weiterlesen →
Dies und das
Auf ein gutes Jahr 2021!
Ein neues Jahr hat begonnen. Der Lockdown des vergangenen Jahres hält noch an, aber wir hoffen, dass wir bald wieder gesellschaftliche und kulturelle Aktivitäten aufnehmen können, auf die wir schon einige Monate auf Grund der Pandemie verzichten mussten. Für meine Freunde und für die Besucher dieser Web-Site habe ich einen musikalischen Neujahrsgruß aus Samples montiert, der mit der Andeutung von Tanzschritten dieser Hoffnung Ausdruck verleiht. Weiterlesen →
kymbala
Verschlankung
Viele Dinge interessieren mich, vielleicht zu viele. Oft ist meine Beschäftigung mit diesen eher oberflächlich, kann doch niemand vielseitig sein und zugleich überall in die Tiefe gehen ‒ außer das Universalgenie, das es nicht gibt. Das Ideal enzyklopädischer Universalität erscheint mir nicht wirklich anstrebenswert, auf jeden Fall unerreichbar, allein schon, weil alle Erscheinungen der Welt in ständigem Werden und Vergehen begriffen sind. Weiterlesen →
Musik
Das Licht, vom Dunkel geordnet
Vor einem Jahr, am 18. Juli 2018, ist der Komponist Wolfgang Hufschmidt vierundachtzigjährig verstorben. Ich habe ein wenig schlechtes Gewissen, denn das vorletzte Mal, als ich ihn bei einem Konzert sah, hatte ich versprochen, dass ich ihn mit einer Weinflasche besuchen werde. Leider ist es nicht mehr dazu gekommen. Das letzte Mal begegnete ich ihm wieder bei einem Konzert, da schien er mir schon gesundheitlich angeschlagen. Fünf anregende Jahre lang, die mein Denken beeinflusst und erweitert haben, nicht nur das musikalische, von 1982 bis 1987, war er mein Kompositionslehrer. Weiterlesen →
Musik
Das Ende aller Zeit
Vor ein paar Wochen stolperte ich beim Aufräumen meiner privaten Archive über eine Instrumentierung des Præludiums Nr. 10 e-Moll aus dem ersten Band von Bachs Wohltemperierten Klavier, die ich 2000 für eine GM-kompatible Synthesizer-Disposition angefertigt hatte. Damals hatte ich zu meiner Bearbeitung notiert:
Mir gefällt an diesem Stück von Bach besonders die ein- und ausfedernde Bewegung von einem harmonisch-melodischen Punkt zu einem anderen. Die formale Asymmetrie des Præludiums deutet vielleicht an, dass die Bewegung gewissermaßen nur in eine Richtung zielt. Dies habe ich durch gelegentlichen Druck auf die Stimmung der flötenartigen Solostimmen zu unterstreichen versucht. Weiterlesen →
Fotogalerien
Ölgangsinsel
Das Naturschutzgebiet Ölgangsinsel umfasst das Gebiet einer einstigen Insel des Rheins und eines verlandeten Nebenarms, der nur noch bei Hochwasser durchflutet wird. Es liegt zwischen dem Düsseldorfer Stadtteil Heerdt, den Häfen von Düsseldorf und Neuss und der Hammer Eisenbahnbrücke, von deren Neusser Seite aus der Zugang zu Fuß möglich ist. Die heutige Halbinsel, die wie ein Rest natürlicher Flusslandschaft erscheint, wurde einige Jahrzehnte lang als Forst für die Nutzung von Pappelholz bewirtschaftet, bevor sie 1977 als Schutzgebiet ausgewiesen wurde. Seitdem wird die Entwicklung der Vegetation der natürlichen Sukzession überlassen, was Nicht-Biologen wie ich mit „alles einfach wachsen lassen“ umschreiben. Weiterlesen →