Musik

Rückkopplung

Simple Delay In der analogen Zeit bestand ein Aufnahmegerät aus zwei Spulen, zwischen denen ein mit magnetischen Teilchen beschichtetes Band ab- und wieder aufgewickelt wurde. Eine Rückkopplungsschaltung wurde hergestellt, indem ein Band zuerst über einen Aufnahmekopf und dann über mindestens einen Abspielkopf lief. Der Abstand zwischen den Tonköpfen bestimmte in Relation zur Bandgeschwindigkeit die Verzögerungszeit. In einer Rückkopplungsschaltung, die das Herzstück der Klanginstallation mit musikalischer Improvisation …und andere Räume war, die ich 1986 zusammen mit Ulrich Rydzewski für eine Vernissage einer Galerie in Düsseldorf konzipiert hatte, wurden vier Tonbandgeräte verwendet, ein aufnehmendes und drei abspielende. Die auf der Straße und im Eingangsraum aufgenommenen Geräusche und Klänge wurden in einem anderen Raum abgespielt. Das Justieren der an einer Wand über mehrere Meter verteilten Bandgeräte, über die ein Viertelzollband eine Stunde lang zuverlässig laufen musste, hatte uns einige Zeit gekostet…

Die Aufstellung der Geräte war analog auch im Sinne einer unmittelbaren Beziehung – nicht einfach eine Metapher wie bei einer digitalen Verzögerung. Die letztere hat andererseits den Vorteil der Flexibilität. Nicht nur kann die Verzögerungszeit dynamisch verändert werden, das verzögerte Signal kann auch zugleich einer beliebigen weiteren Verarbeitung unterworfen werden, etwa Tonhöhenänderung, Zeitdehnung oder -stauchung, Klangmodulation.

Als erste Vorbereitung für musikalische Experimente habe ich mir ein Mikrofon mit USB-Schnittstelle[1] angeschafft. Um es auszuprobieren, habe ich in Max[2] ein einfaches Patch gebaut, welches das mit dem Mikrofon aufgenommene Signal verzögert abspielt. Das Patch benutzt das Max/MSP-Objekt delay~ mit einer zwischen 50 ms und 2 s einstellbaren Verzögerungszeit; Mischung und Verteilung von Original- und verzögertem Signal wird über Kanalregler und einen Kanalmischer eingestellt. Das ist alles. (Max-Anwender, die das Patch wegen seiner Einfachheit gern als Einstieg für eigene Arbeiten mit Mikrofon benutzen möchten, können es hier herunterladen.[3])

Ein Problem bei USB-Mikrofonen ist übrigens anscheinend die Stromversorgung über die Schnittstelle. Bei meinem ersten Test des Mikrofons traten nach einer Weile zirpende Verzerrungen auf. Suchmaschinenergebnisse deuteten darauf hin, dass das Problem ziemlich verbreitet ist. Die an Clipping (digitale Übersteuerung) erinnernde Klangcharakteristik der Verzerrung ließ mich befürchten, dass etwas bei der Analog-Digital-Wandlung schief läuft. Die plausibelste Erklärung schien mir jedoch, dass der Strom, mit dem der USB-Port das angeschlossene Peripheriegerät speist, nicht immer so „sauber” fließt wie für den einwandfreien Betrieb eines Mikrofons erforderlich ist. Jedenfalls habe ich das Problem beheben können, indem ich den USB-Port wechselte.

1. Ein Shure PG27-USB, ein Mehrzweck- (d.h. nicht in erster Linie für Sprach- und Vokalaufnahmen geeignetes) Mikrofon mit Richtcharakteristik in Form einer Kardioide.
2. Max/MSP, eine grafische Programmierumgebung für Musik und Multimedia.
3. http://www.kymbala.de/computermusik/max-patches/simple-delay/simple-delay.maxpat (Sekundärklick mit rechter Maustaste oder entsprechend, sonst wird nur der Quelltext des Patches angezeigt). Voraussetzung ist Max (Version 6.07 oder später). Der Anwender sollte außerdem mindestens wissen, wie akustische Rückkopplung vermieden wird. (Der Abstand zwischen Mikrofon und Lautsprecher muss ausreichend groß gewählt werden.) Benutzung auf eigene Gefahr.

7. Februar 2013 von Kai Yves Linden
Kategorien: Musik | Schlagwörter: | Kommentare deaktiviert für Rückkopplung