Year: 2011
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Zahlen im Kopf
Gestern habe ich mir noch einmal Prénom Carmen (Vorname Carmen) angeschaut, meiner Ansicht nach einer der besten Filme von Jean-Luc Godard. Der mit 80 Minuten knapp abendfüllende Film von 1983 wirkt wie mit leichter Hand hingeworfen. Tatsächlich hat JLG /ʒi’ɛlʒe/ – wie Franzosen ihn in ihrer Vorliebe für Akronyme auch nennen – seine Art Filme…
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Käse und Wein
Entgegen dem landläufigen Klischee – das Bild eines Franzosen mit Baskenmütze, der seinen kurbelstartenden zwei Pferde abstellt und mit Baguette, Brie und Rotwein ins Haus geht – vertragen sich Rotwein und Käse im Mund eher selten. Mimolette, ein rötlicher Hartkäse aus Kuhmilch aus Nordfrankreich, und ein roter Bordeaux sind ein klassisches Paar. Ansonsten kann ich…
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Op de Heid
Der Kleingarten, das kleinbürgerliche Refugium. erhält durch Initiativen für eine autarke Lebensmittelversorgung heute wieder einen emanzipatorischen Aspekt. Eine Reihe von Kleingartenkolonien in Düsseldorf entstand in einer Zeit, die für weite Teile der Bevölkerung durch Hunger und Wohnungsnot geprägt war. 1919 begann das Gartenamt damit, Brachland in Parzellen aufzuteilen und als Kleingärten an private Haushalte abzugeben,…
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Pastiche
In der Zeit nach der Moderne, in der Postmoderne gibt es in der Kunst – was ihre Analytiker als Reflex dessen eingeordnet haben, was sie als Beliebigkeit oder Austauschbarkeit bezeichnet haben, eine Folge der Anonymisierung des Kapitals – keinen allgemeingültigen Stil, damit aber auch keinen Personalstil mehr, der sich von einem verbindlichen Zeitstil absetzte, oder…
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Scherben
Nicht nur für Liebhaber künstlerischer Keramik, auch für Kunstinteressierte wäre es ein Versäumnis, etwa auf einer Fahrt zwischen Sancerre und Bourges (oder gelegentlich Degustationen bei Winzern der Appellation Menetou-Salon), nicht einen Abstecher zum Weiler La Borne (im Kanton Henrichemont) zu machen. (Der Titel des Artikels übrigens meint den Scherben, fr. tesson, wie in der Töpferei…
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Wohin mit dem Blech
Wieder in Düsseldorf zurück – nach einer kleinen Tour in der Mitte Frankreichs, die meine Frau und mich durch das Berry, die Sologne und das Loire-Tal der Touraine geführt hat. In Tours, das wir als lebendige Stadt erlebt haben, die sich neu gestaltet, wobei Restaurierung des historischen Erbes – das in Tours wegen der Zerstörungen…
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Iris, Mohn, Akelei
Die drei Blumen, die ich vor acht, neun Wochen fotografiert habe, sind inzwischen wieder verblüht. Ich brauche beim Sortieren und beim Bearbeiten etwas zeitlichen Abstand zur Aufnahme. Der Blick ist unvoreingenommener, offener, nicht zuletzt, weil ich inzwischen vergessen habe, wieviel Aufwand die Aufnahme unter Umständen gekostet hat. Es fällt dann leichter, Misslungenes zu löschen, und…
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Menschenfeindlichkeit
Die Einflussnahme rechtsextremer Ideologen im Internet nimmt zu. Ist der doppelte Anschlag in Norwegen auch die Tat eines wirren Einzelgängers, das Manifest seiner Weltsicht hat er sich aus Schnipseln zusammengeklebt, die er aus rechtsextremen, vornehmlich rechtskonservativen Foren im Internet kopiert hat. Nicht erst nach diesem erschreckenden Blutbad ist es wichtig, die Propaganda der Rechten zu…
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Klangpinsel
Soundpainting, wörtlich „Klangmalerei”, nicht so sehr im Sinne von „mit Klang malen” als eher „Klangmalen”, ist eine von Walter Thompson seit etwa 1975 entwickelte Zeichensprache, die zur Steuerung kollektiver Improvisationen von Musikern, Sprechern und/oder Tänzern durch einen oder mehrere Dirigenten dient. Der Zeichenvorrat besteht aus mittlerweile rund 800 Gesten, von denen etwa vier Dutzend das…
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Erlesene Leiche
Cadavre exquis ist ein Spiel, das sich Marcel Duhamel, Jacques Prévert und Yves Tanguy, die zu dieser Zeit zusammen in einem Haus im Montparnasse in Paris wohnten, um 1925 ausgedacht hatten und mit Freunden zunächst nur zum Zeitvertreib und später auch als experimentellen Ideengenerator spielten. Der Dictionnaire abrégé du Surréalisme (Kurzlexikon des Surrealismus) von André…