Musik
Das Ende aller Zeit
Vor ein paar Wochen stolperte ich beim Aufräumen meiner privaten Archive über eine Instrumentierung des Præludiums Nr. 10 e-Moll aus dem ersten Band von Bachs Wohltemperierten Klavier, die ich 2000 für eine GM-kompatible Synthesizer-Disposition angefertigt hatte. Damals hatte ich zu meiner Bearbeitung notiert:
Mir gefällt an diesem Stück von Bach besonders die ein- und ausfedernde Bewegung von einem harmonisch-melodischen Punkt zu einem anderen. Die formale Asymmetrie des Præludiums deutet vielleicht an, dass die Bewegung gewissermaßen nur in eine Richtung zielt. Dies habe ich durch gelegentlichen Druck auf die Stimmung der flötenartigen Solostimmen zu unterstreichen versucht. Weiterlesen →
Fotogalerien
Ölgangsinsel
Das Naturschutzgebiet Ölgangsinsel umfasst das Gebiet einer einstigen Insel des Rheins und eines verlandeten Nebenarms, der nur noch bei Hochwasser durchflutet wird. Es liegt zwischen dem Düsseldorfer Stadtteil Heerdt, den Häfen von Düsseldorf und Neuss und der Hammer Eisenbahnbrücke, von deren Neusser Seite aus der Zugang zu Fuß möglich ist. Die heutige Halbinsel, die wie ein Rest natürlicher Flusslandschaft erscheint, wurde einige Jahrzehnte lang als Forst für die Nutzung von Pappelholz bewirtschaftet, bevor sie 1977 als Schutzgebiet ausgewiesen wurde. Seitdem wird die Entwicklung der Vegetation der natürlichen Sukzession überlassen, was Nicht-Biologen wie ich mit „alles einfach wachsen lassen“ umschreiben. Weiterlesen →
Dies und das
Der automatisierte Mensch
Auf meinem Weg von der Arbeitsstätte nachhause komme ich über eine große Kreuzung. Letztens wurde ich hier Zeuge einer merkwürdigen Szene an einem Fußgänger- und Fahrradübergang. Anders als in anderen Städten haben die Fußgängerampeln in Düsseldorf eine gelbe Phase. Ein leichtsinniger Radfahrer befuhr den Übergang, als die Ampel bereits von Grün auf Gelb wechselte. Als er etwa die beiden ersten von fünf Kraftfahrzeugspuren hinter sich hatte, sprang die Ampel für die vor dem Übergang wartenden Autofahrer auf Grün um, die daraufhin unverzüglich auf drei Spuren losfuhren. Weiterlesen →
Dies und das
Geteilte Aufmerksamkeit
Die geteilte Aufmerksamkeit, in den von Nebenläufigkeit und Gleichzeitigkeit bestimmten Lebenszusammenhängen einer Großstadt eine geradezu lebenswichtige Rezeptionstechnik, hat beim Menschen natürliche Grenzen. Im Verkehrsraum etwa kommt, aufgrund des tagsüber oft permanenten Umgebungslärms, den Augen eine erhöhte Bedeutung als Rezeptionsorgan zu; die Augen kann man jedoch nicht überall haben, nicht zugleich links und rechts, vorne und hinten, oben und unten. Weiterlesen →
Musik
Uraufführung: Vertikale Struktur
Am 12. Juli 2017 wird ein Stück aufgeführt, an dem ich nun mehr als ein Jahr in meiner freien Zeit gearbeitet habe: Vertikale Struktur. Als ich es das letzte Mal gehört habe, am vergangenen Samstag in einer Probe mit der Flötistin Anne Horstmann, mit der ich das Stück erarbeitet habe, ging es fast wie im Flug an mir vorbei. Ich war versucht, die Hand auszustrecken, um es festzuhalten. Aber Scherz beiseite, die Probe war sehr glücklich, es waren zwei Durchgänge, die teilweise unterschiedlich ausgefallen sind, aber beide problemlos geklappt haben. Weiterlesen →
Musik
Klang und Musik: Verzerrung
Viele Musikinstrumente weisen in ihrer jeweiligen tiefen Lage eine nur schwache erste Harmonische auf, die dennoch deutlich als Grundton erkannt wird. Abstrakter formuliert handelt es sich um das Phänomen, dass die Tonhöhe, die dem Grundton eines harmonischen Spektrum entspricht, auch dann wahrgenommen wird, wenn dieser nur schwach oder gar nicht vorhanden ist. Dieses hat die psychoakustische Forschung schon im 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts beschäftigt; verschiedene Hypothesen wurden aufgestellt um es zu erklären; bis heute werden einige Aspekte kontrovers diskutiert. Weiterlesen →
Musik
Gefaltetes Papier
Philippe Manourys Orchesterstück Sound and Fury wurde vor ein paar Tagen zum zweiten Mal nach siebzehn Jahren ‒ in einer neuen Fassung uraufgeführt. Es ist eine Musik, in der Klangrede und Klangentfaltung jeweils aus einander hervorgehen. Sie scheint immer wieder an einem Ort stehen zu bleiben, wo sie sich auflädt um sich dann woanders hinzuwenden. In einem Interview anlässlich des Konzertes weist Manoury auf die von Marcel Proust entwickelte literarische Technik der Paperolles als Vorbild hin. Weiterlesen →
Musik
Klang und Musik: Töne
Unsere Wahrnehmung vereinfacht und ordnet die Welt, sodass wir uns in ihr orientieren können. Zugleich haben wir grundsätzlich die Fähigkeit, Vielgliedrigkeit und Unregelmäßigkeit der Erscheinungen zu erkennen, die wir im Alltag als Objekte zusammenfassen. Dies gilt auch für das auditive System: Es ermöglicht uns, einen Strom von akustischen Reizen auf unseren existenziellen Horizont (unsere Lebenswirklichkeit im Alltag) zu beziehen. Aber es betrügt uns auch. Weiterlesen →
Dies und das
April
Das Wetter in diesem April entspricht ganz der Wechselhaftigkeit, für die er steht. Am gleichen Tag regnet, hagelt es, Wolken sammeln sich zu Haufen, die immer dunkler werden und mit einem Mal wieder aufbrechen, um das Sonnenlicht hindurchzulassen und vielleicht in einem Regenbogen zu brechen. Manchmal entstehen dabei Lichtstimmungen, die selbst verkommene Orte des Durchgangs, wie etwa die an einer Eisenbahnbrücke gelegene Straßenkreuzung auf dem Foto, ein wenig verzaubern. Weiterlesen →
Musik
Allein mit dem Blues
Nein, ich habe den Blues nicht, nicht wirklich. Die Welt gibt zwar genug Anlass, an ihr zu verzweifeln ‒ aber gelegentlich auch genug, sie wundervoll zu finden. Glücklicherweise gibt es für mich keinen Grund für Liebeskummer. Es ist der Titel eines Jazz-Standards, den ich als eine Art kompositorische Fingerübung für fünf Blechbläser (in der Standardbesetzung von zwei Trompeten, Horn, Posaune und Tuba) bearbeitet habe: A Woman Alone With the Blues. Weiterlesen →