Wein
Traubenkernzucht
Vor ein paar Tagen unterhielt ich mich bei einem Glas Wein mit einem Cousin, der in einem kleinen Haus am Rand von Paris lebt, über die Vor- und Nachteile von generativer und vegetativer Vermehrung von Pflanzen. Anlass war ein Artikel, den ich gelesen hatte, in dem es um die Zukunft des Weinanbaus in Frankreich ging. Leider fehlten mir einige botanische Vokabeln, um den beschriebenen Sachverhalt ausreichend klar darzulegen. Das war vielleicht der Grund, warum ich meinen Cousin nicht überzeugen konnte. Weiterlesen →
Rezepte
Bufonidenschemel
Unsere heutige Pilzexkursion war nicht sehr ergiebig, aber unterhaltend und entspannend. Dem niederländischen Namen für Pilze (paddenstoel /’pɑdəstul/) liegt anscheinend die Vorstellung zugrunde, dass eine Kröte auf ihnen sitzen könnte. Manche, etwa der Fliegenpilz, sehen einem Krötenrücken selbst ganz ähnlich. Außer diesem haben wir noch einige andere Arten und Sorten gesehen, in den Dünenwäldern der Watteninseln, in welchen Gefilden wir uns gegenwärtig verlustigen, soll es einige hundert geben. Weiterlesen →
Musik
Zeitstrudel
Gestern präsentierte Anne Teresa De Keersmaeker mit ihrer Tanzkompagnie Rosas bei der Ruhrtriennale erstmals eine choreografische Interpretation von Vortex temporum, das vorletzte Werk des vor bald fünfzehn Jahren mit 52 verstorbenen Gérard Grisey ‒ zu früh, doch wer starb schon zu spät? ‒ und sein magnum opus, gespielt vom Ensemble Ictus. In der Hinsicht eigentlich nur von seinem opus ultimum, den Quatre chants pour franchir le seuil (vier Gesänge um die Schwelle zu überschreiten) übertroffen (dort ist es vor allem der Text, der das Hören leitet), ist Vortex temporum das vielleicht zugänglichste Werk von Grisey. Weiterlesen →
Musik
Raumstruktur
Helmut Lachenmanns Musik mit Bildern Das Mädchen mit den Schwefelhölzern ist eine Abhandlung über Kälte entlang des Märchens von Hans Christian Andersen, mit eingeschobenen Textfragmenten von Leonardo da Vinci, Notizen von einer Wanderung an einer sturmumtosten Felsenküste über die Gleichzeitigkeit entgegengesetzter Gefühle im Angesicht einer Höhle, und der Terroristin Gudrun Ensslin, „eine extrem verformte Variante“ des Mädchens, bei der sich Kälte in der eigenen Verhärtung der Sprache manifestiert. Weiterlesen →
Musik
Skalenrausch
Am Ende der gestrigen Aufführung von Delusion of the Fury von Harry Partch war ich ganz berauscht. Seine 43-Ton-Skala wird auf den von ihm erfundenen oder adaptierten Instrumenten, auf denen zum größten Teil Saiten oder selbstklingende Stäbe, halboffene Hohlkörper oder Gläser angeregt werden, arpeggiert, durchschritten, in Knickbewegungen durchzogen. Besonders schön fand ich die Aufenthalte auf harmonisch entfernteren Tönen in Abschnitten mit langgezogenen Melodien. Weiterlesen →
Internet
Ausstöpseln
An sarkastische Witze kann ich mich mehr als zehn Jahren zurück erinnern, die auf die Vermutung anspielten, dass die NSA der größte Datenstaubsauger der Welt ist. Dennoch hat das Ausmaß der Überwachung und Bespitzelung, das die vom Whistleblower Edward Snowden der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Dokumente aufdecken, mich wie wohl die meisten von uns überrascht. Angesichts von geheimen Vereinbarungen zwischen der Nationalen Sicherheitsagentur der USA und Kommunikationsunternehmen, von Geheimgerichten, sowie des massiven diplomatischen Drucks, der von der Regierung der USA auf andere Regierungen ausgeübt wird, scheint es nicht übertrieben, wenn ein Intellektueller wie Hans Magnus Enzensberger am 18. August in einer Kultursendung im deutschen Fernsehen von postdemokratischen Zuständen spricht. Weiterlesen →
Fotogalerien
Of New York
Von meinem ersten Aufenthalt in New York 1977 brachte ich einen Fotoband mit dem Titel Of New York mit, eine Kompilation von 184 Bildern von Neu-York (wie New York noch in den 60er Jahren im Deutschen hieß), die der Fotograf André Kertész in rund vierzig Jahren auf Kleinbild-Umkehrfilm gebannt hatte, in denen er dort ein neues Zuhause gefunden hatte.[1] Aber damals wusste ich nicht viel über diesen Fotografen, dessen lyrische Bildkomposition für die Straßenfotografie stilbildend wurde – mir gefiel der Bildband einfach. Als ich nun letzten Sommer zusammen mit meiner Familie wieder einmal in New York war, stand ich in Brooklyn, ohne mir dessen bewusst zu sein, an der gleichen Stelle wie Kertész ein Dreivierteljahrhundert zuvor und hielt mein Smartphone hoch, um den Blick für das Reisetagebuch festzuhalten: durch die Washington Street auf die Manhattan Bridge (und das Empire State Building in der Ferne). Weiterlesen →
Rezepte
Grün mit weißer Spitze
In diesem Jahr, nach ungewöhnlich vielen Regentagen im Frühling, waren seine an Spitzen erinnernden Blütengewebe aus weißen Dolden später als sonst erst im Mai an den Ufern der Südlichen Düssel zu sehen. Mittlerweile werden die Blüten des Wiesenkerbels (Anthriscus sylvestris) von Gräsern überwuchert. Bald beginnt der kalendarische Sommer. Wiesenkerbel, der an Wiesenrändern, Heckensäumen und Uferfluren gedeiht, ist essbar. Weiterlesen →
Fotografische Praxis
Weißabgleich
Ein weißes Blatt Papier nehmen wir morgens, mittags, abends, in voller Sonne oder im Schatten, im Kerzenschein oder unter einer Glühlampe stets als weiß war. Für eine Kamera sieht es mal eher bläulich, mal eher gelblich aus. Abhängig von der Art des Lichtes, das auf die Dinge fällt, von seiner Intensität und vom Einfallswinkel verschieben sich ihre Farben. Unser visuelles System adaptiert die Wahrnehmung der Farbe der Dinge an das jeweilige Umgebungslicht. Weiterlesen →
Rezepte
Milde Schärfe
In seinem Geschmack verbindet sich die Schärfe des Knoblauchs mit grasiger Frische. Bärlauch (Allium ursinum), eine Art der Gattung Lauch wie auch Zwiebel, Knoblauch, Schnittlauch, ist beliebt. Seit einigen Jahren ist er außerordentlich in Mode gekommen. Er wird auf Wochenmärkten angeboten und steht ganzjährig auf Speisekarten von Restaurants und Bistros, die nicht unbedingt der kulinarischen Avantgarde zuzurechnen sind. Weiterlesen →